Arts and Health im deutschsprachigen Raum

Aktuelle Entwicklungen in der Verbindung von Kunst(handwerk) und mentaler Gesundheit

EU-Projekt “Arts on Prescription in the Baltic Sea Region”

Das Deutsche musikinformative Zentrum des Deutschen Musikrats berichtete im Dezember 2023 über das Pilotprojekt „Kunst auf Rezept“ in Bremen. Das Bremer Projekt richtet sich an Menschen, die psychische Beschwerden wie Angstzustände, Stress oder Depression haben oder als von diesen gefährdet sind. Hausärzt:innen, Fachärzt:innen und Psycholog:innen können dann im Bundesland Bremen Rezepte für kostenlose Teilnahmen an Kunst- und Kulturaktivitäten vergeben.
Dabei steht das Projekt im Zusammenhang mit dem EU-Ostseeregionsprojekt Arts on Prescription in the Baltic Sea Region, einer auf die Jahre 2021 bis 2027 angelegten Initiative mit Fördervolumen von 3,5 Millionen Euro. Das Ziel ist, das Wohlbefinden der Menschen dieser Region durch kulturelle und kreative Erfahrungen zu verbessern. In Bremen können als Teilnahmen aus einer kuratierten Liste an Kursen aus dem angebotenen Programm der Bremer Kultureinrichtung gewählt werden – beispielsweise in den Bereichen Singen, Malen und Zeichnen. Zudem werden begleitete Gruppen-Treffen angeboten.
Dem Projekt liegt der ganzheitliche Ansatz des Social Prescribing zugrunde. Social Prescribing ist eine international anerkannte Methode, die den positiven Effekt von Gemeinschaft, Austausch und kreativem Schaffen einsetzt, um psychische Beschwerden zu lindern. Zahlreiche wissenschaftliche Artikel widmen sich umfassend und nuanciert dem Social Prescribing, verschiedenen Anwendungen, der Art der zu verschreibenden Erfahrungen und dem Einfluss auf die Gesellschaften und Gesundheitssysteme. Dabei kann Social Prescribing als alleiniger Therapieansatz oder in Begleitung von medikamentöser Behandlung eingesetzt werden. Social Prescribing wird beispielsweise im Vereinigten Königreich seit mehreren Jahrzehnten eingesetzt, um Fälle von Altersdepressionen und psychischen Beschwerden aufgrund von Burnout oder Isolation zu mildern. Dabei werden unter anderem Kaffeerunden, gemeinsames Singen, Malen oder Basteln angeboten. In kleinen Gruppen erleben Menschen gemeinsam eine kulturelle Tätigkeit, in aller Regel begleitet durch in der Tätigkeit aber auch in Sozialarbeit und/oder Psychologie geschultes Personal. 2024 verkündete die WHO (World Health Organization) Western Pacific Region, aufgrund des demographischen Wandels der Region und den neuen Herausforderungen Social Prescribing als Ansatz verstärkt einzusetzen, um Menschen ganzheitlich zu unterstützen und die Anzahl medizinischer Intervenionen zu verringern. Auch das Deutsche Ärzteblatt hat 2023 über Social Prescribing als Ansatz für das deutsche Gesundheitssystem berichtet.
Im Verschreiben von Kulturbesuchen liegt ein riesiges Potenzial für alle Beteiligten – das Gesundheitssystem wird entlastet, Kulturinstitutionen erschließen neue Zielgruppen und Finanzierungsangebote und Menschen steigern ihr Wohlbefinden durch Erfahrungen mit kreativem Schaffen.

Museumsbesuche auf Rezept in der Schweiz

Am 12. März 2025 berichtete die Nachrichtenagentur Reuters, dass Schweizer Ärztinnen und Ärzte ihre Toolbox aus Therapieansätzen um Museumsbesuche erweitern. Dabei gibt es nun Ausflüge in öffentliche Kunstgalerien, Museen und Gartenanlagen auf Rezept für chronisch Kranke und Menschen mit mentalen Beschwerden. Als Schnittstelle von Kulturerfahrung und physischer Bewegung hat die Stadt Neuchatel ein Pilotprojekt für ihre Einwohner:innen ins Leben gerufen. 500 Rezepte für kostenlose Besuche in vier ausgewählten Einrichtungen – drei Museen und den Botanischen Garten – können vergeben werden. Die Angebote werden bereits unter anderem von Personen mit Burnout wahrgenommen.
Kunst auf Rezept erlebt dieser Tage eine Renaissance. Bereits in den 1980er Jahren gab es derartige Ansätze – da jedoch primär wörtlich genommen. Der Kölner Arzt Dr. med. Hartmut Kraft übergab einen dicken Stapel überflüssiger Rezeptformulare statt dem Reißwolf lieber zahlreichen Künstler:innen. Ab 1987 entstanden eine Vielzahl an Kunstwerken auf diesen Rezeptformularen, die schließlich in eine Ausstellung in Ratingen mündeten.

Mental Health Arts Festival in München im Gasteig

Am 05. Juli 2023 fand erstmals das Mental Health Arts Festival in München im Gasteig HP8 statt. Neben zahlreichen Besucher:innen fand das Festival auch mediale Aufmerksamkeit, unter anderem berichtete die Süddeutsche Zeitung. Das Festival schlägt die Brücke von Kunst und psychischer Gesundheit und widmete sich dem Thema in diversen Formaten von der Panel Discussion bis zum Konzert. Dabei werden auf der einen Seite Künstler:innen adressiert, die als demographische Gruppe ein Risiko zu mentalen Beschwerden aufweisen – verursacht beispielsweise durch finanzielle Unsicherheiten, Isolation im Arbeitsalltag und Leistungsdruck durch eine enorm kompetitive Branche. Zum anderen wenden sich Künstler:innen an die Öffentlichkeit mithilfe ihrer Kunst und ihrer Projekte, um die Erfahrung von Kunst, Kultur und Schaffen zu teilen.

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Author: CraftAroundMe