Habt Ihr auch schon einmal etwas Kreatives gemacht und plötzlich waren mehrere Stunden verflogen? Nun ist es wissenschaftlich belegt: Keramik, Fotografie oder Häkeln machen uns glücklich!
Am 16. August hat die englische Zeitung The Guardian einen Artikel der Wissenschaftskorrespondentin Nicola Davis veröffentlicht, mit der Überschrift: „Arts and crafts give greater life satisfaction than work, survey suggests.“ Eine von 2019-2020 vom UK Department for Culture, Media and Sport des Vereinigten Königreichs durchgeführte Studie mit 7000 Partizipant:innen ab 16 Jahren ergab spannende Ergebnisse. Die Auswertung ergab, wie bedeutsam Kunst, Kultur und kreative handwerkliche Tätigkeiten für die mentale Gesundheit und die Zufriedenheit mit dem eigenen Leben sind – sogar wichtiger für die eigene Identität und das Selbstwertgefühl als der eigene Job.
Viele Menschen identifizieren sich mit ihrer Arbeit und die Bedeutung des Jobs für die Identität darf nicht unterschätzt werden. Gesellschaftlich und in der Peer Group ist die berufliche Rolle immernoch wichtig und beeinflusst so das Selbstwertgefühl. Der Artikel zeigt spannenderweise auf, welches immense Potenzial in kreativen Tätigkeiten liegt, nachdem die daraus gewonnene Zufriedenheit derart wichtig für das Selbst ist.
Wenn man mögliche Folgen von der UK-Studie ausgehend weiterdenken möchte wird schnell auch für Deutschland klar, wie Kunst und Handwerk in das gesellschaftliche Gesundheitsmanagement integriert werden könnte. Zeit kreativ zu verbringen erzeugt den sogenannten Flow-State indem die Tätigkeit leicht von der Hand geht und als so erfüllend empfunden wird, dass die Zeit nur so verfliegt. Dies ist ein positiver und wichtiger Zustand für das Gehirn, während dem Energie geschöpft wird. Kunst kann somit Medizin sein und wird so auch bereits in der Kunsttherapie eingesetzt.
Nicht nur privat sollten wir alle öfter zu kreativen Hobbies greifen. Auch für das Gesundheitswesen sind solche Studienerkenntnisse höchst spannend. Viele Gesellschaften in Europa und weltweit erleben aktuell kritisch hohe Zahlen von Menschen aller Altersklassen mit beeinträchtigter mentaler Gesundheit. Oft mischen sich private Herausforderungen mit beruflichem Stress, Burnout und Selbstzweifeln über den Sinn des Arbeitsinhalts. Diese gesellschaftliche Krise ist komplex und in erster Linie für jede:n Betroffene:n individuell, doch ergeben sich in der gesamtgesellschaftlichen Summe auch enorme Wirtschaftsausfälle und hohe Kosten für die Krankenversicherungen.
Für die Behandlung diverser Beschwerden könnte neben klassischen Therapieansätzen zukünftig so die Verschreibung von Zeit für Kreatives interessant werden. Außerhalb der bereits etablierten Kunsttherapie könnte Zugang zu kreativen Workshops, Treffs oder Makerspaces eine effektive und niederschwellige Maßnahme sein. Kunsthandwerk könnte von der Schule bis zum Seniorenheim noch mehr gefördert und integriert werden. Neben der immer beliebter werdenden ‚Aktiven Pause‘ mit Sportübungen könnte auch eine ‚Kreative Pause‘ in Firmen zur Mitarbeitergesundheit aufgegriffen werden.
Einen Keramikbemalkurs auf Rezept, bitte!
Link zum Guardian-Artikel, 16.08.2024